Auch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Magdeburg hat nach dem Verwaltungsgericht Magdeburg die entscheidungserhebliche Rechtsfrage im EILVERFAHREN nicht beantwortet: „Konnten im Januar 2021 Bürgermeister Geier, die Beigeordneten Brederlow und Marquardt, weitere Mitglieder des Katastrophenschutz-Stabes und einige Stadträte am Ende der 6-Stunden-Haltbarkeit mit einer Spitze geimpft werden, die andernfalls hätte verworfen werden müssen?“ Nach meiner Impfung im Szenario „letzter-Anruf-vor-Verwurf“ am 17.01.2021 habe ich dem Leiter des Impfzentrums mitgeteilt, dass aufgrund der hohen Inzidenz keine rechtlichen Bedenken bestehen, im gleichen Verfahren auch Stadträte und Mitglieder des Kat-Stabes zu impfen. Beide Gruppen nehmen in zentralen Bereichen der Daseinsvorsorge und für die Aufrechterhaltung zentraler staatlicher Funktionen in einer pandemischen Lage eine Schlüsselstellung ein.

Sowohl das Verwaltungsgericht Magdeburg als auch das Oberverwaltungsgericht Magdeburg haben die Coronavirus-Impfverordnung nicht geprüft und setzen sich in ihren Entscheidungen nicht mit der entscheidungserheblichen Rechtsfrage auseinander. Anders hingegen beispielhaft neben vielen Anderen die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern mit Pressemitteilung bereits am 20.09.2021, die ausführlich auf diese Problematik eingeht und meine Auffassung zur Rechtmäßigkeit der Impfungen im Szenario “letzter-Anruf-vor-Verwurf” bestätigt.

Seit dem 17.12.2021 lief die Monatsfrist zur Begründung der Beschwerde. Die Beschwerdebegründung wurde am 11.01.2022 mit 33 Seiten und 26 Anlagen beim OVG eingereicht und damit 6 Tage vor Ende der Frist. Ohne richterlichen Hinweis wird der Eilantrag einen Tag nach Ablauf der Begründungsfrist, am 18.01.2022, als unzulässig zurückgewiesen, mit dem Hinweis, der Rechtsanwalt Dr. Michael Moeskes hätte die erforderliche eigene Prüfung des von mir vorgebrachten „Streitstoffes“ vermissen lassen. Sechs Tage Zeit wären dem Rechtsanwalt bei einem richterlichen Hinweis noch geblieben, vermeidbare formale Anforderungen zu korrigieren. 

Die Richter Becker, Schneider und Züchner wollten dies nicht.

Folgende unterschiedlichen Antragstellung liegt dem Gericht vor:

Schriftsatz Dr. Bernd Wiegand:

„… wird beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts dahingehend zu ändern, dass die vorläufige Dienstenthebung des Landesverwaltungsamtes aufgehoben wird.“

Schriftsatz Dr. Michael Moeskes:

„… beantragen wir 

auf die Beschwerde des Antragstellers und Beschwerdeführers wird

der Beschluss des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 16.12.2021 zu Aktenzeichen 15 B 20/21 MD geändert:

Die Anordnung der sofortigen Dienstenthebung wird ausgesetzt.“

Mein Rechtsanwalt hat nach eigener Prüfung des Streitstoffes damit einen gänzlich anderen Antrag an das OVG gestellt. Die Argumentation des Oberverwaltungsgerichts ist widerlegt.

Grundsätzlich ist zudem eine Inbezugnahme auf meine Schriftsätze durch den Prozessbevollmächtigten entgegen der Auffassung des OVG möglich. Im Kommentar Kopp/Schenke, VwGO, § 67 Rdnr. 40 heißt es dazu wörtlich: “Eine Inbezugnahme (Anm. des Verfassers: auf meine Schriftsätze) ist aber ausnahmsweise dann gerechtfertigt, wenn unzweifelhaft ist, dass sie auf einer eigenständigen Prüfung, Sichtung, rechtlichen Durchdringung und Würdigung des postulationsfähigen Prozessvertreters beruht (BVerwGE 22, 38, NVwZ-RR 2013, 342; m. w. N.).”

Mein Rechtsanwalt hat eine eigenständige Prüfung vorgenommen. Noch dazu er das Oberverwaltungsgericht ausdrücklich um richterliche Hinweise gebeten hat (“Sollte das Gericht die Bezugnahme nicht als ausreichend erachten, bitten wir um einen richterlichen Hinweis”), falls es hierzu eine andere Auffassung haben sollte. Dazu wäre auch noch sechs Tage Zeit gewesen, bevor die Begründungsfrist abläuft. Befremdlich ist deshalb die Argumentation des Gerichts genau einen Tag nach Ablauf der Begründungsfrist:

„Der Senat hat trotz der ausdrücklichen Bitte des Antragstellers davon abgesehen, ihn auf die hiernach mangelnde Beachtung des Vertretungserfordernisses hinzuweisen. Denn auch die von dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers für den Fall eines solchen Hinweises avisierte Vorgehensweise („Wir würden dann die Beschwerdebegründung vollständig in der beigefügten Fassung von hieraus einreichen.”) hätte die erforderliche eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des vom Antragsteller persönlich vorgebrachten Streitstoffes durch dessen Prozessbevollmächtigten vermissen lassen (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss. v. 25. November 2020 – 13 MN 487/20 -, zit. nach JURIS). Eine Verletzung des Grundsatzes auf ein faires Verfahren scheidet deshalb von vornherein aus.”

In meinen Augen handelt es sich um eine durchsichtige Vorgehensweise, die nicht der Verpflichtung der Richter entspricht, richterliche Hinweise zu geben, prozessökonomisch zu handeln und endlich in der Sache zu entscheiden. Damit werden vom OVG elementare Grundsätze eines fairen Verfahrens verletzt.

Folgende Schritte sind nunmehr im Eilverfahren durchgeführt:

  • Anhörungsrüge an das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen
  • Einstweilige Anordnung beim Verfassungsgericht offen
  • 2. Antrag auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung beim Verwaltungsgericht nach Änderung der Verhältnisse abgelehnt. Beschwerde beim OVG.

Hinweis: Am 13.07.2021 wurde das Beschwerdeverfahren (Stellenplan 2013, Vergabe Gimritzer Damm 2013, Verkauf Charlottenviertel 2017) von den Richtern Becker, Schneider und Dr. Bechler als unzulässig zurückgewiesen.

Hier geht es zum Beschluss des OVG Magdeburg vom 18.01.2022

Hier geht es zur Zurückweisung der Anhörungsrüge des OVG Magdeburg vom 17.02.2022

Hier geht es zu dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 21.02.2022

EILVERFAHREN: OVG Magdeburg will nicht zur Impfung von Stadträten und drei Beigeordneten entscheiden, weist formal Beschwerde und Anhörungsrüge zurück. Verwaltungsgericht MD entscheidet auch im 2. Antrag nicht. Erneute Beschwerde beim OVG.