Die Dienstbezüge des Oberbürgermeisters werden um ein Fünftel für ein halbes Jahr gekürzt. Es geht um drei Entscheidungen der Stadt Halle (Saale) aus den vergangenen Jahren, aufgrund derer der Präsident des Landesverwaltungsamtes ein Disziplinarverfahren gegen mich eingeleitet hat: Erlass einer ordnungsrechtlichen Verfügung im Jahr 2013 zum Ergreifen von Maßnahmen zum Neubau des Gimritzer Dammes, in Begleitung eines Rechtsanwaltes, der auf das Vergaberecht spezialisiert ist. Unterschrift unter dem Haushaltsplan 2013 (einschließlich Stellenplan), dessen Richtigkeit der Beigeordnete und der Fachbereichsleiter bestätigt hatten. Verkauf von einzelnen Grundstücken im Charlottenviertel im Jahr 2016, als drei Juristen der Stadt darin keine Zuständigkeit des Stadtrats sahen, diese Rechtsauffassung dem Landesverwaltungsamt darlegten und ich in den Entscheidungsprozess aufgrund einer schriftlichen Aufgabenübertragung nicht eingebunden war.

Mindestens sieben Mal  verweist das OVG auf meinen beruflichen Werdegang. Beispiele:

“… Zum anderen ist nicht dargelegt, weshalb der Kläger als (promovierter) Verwaltungsjurist und ungeachtet der im Rahmen seiner beruflichen und wissenschaftlichen Betätigung erworbenen Kenntnisse … ohne weiteres auf die Auskünfte des Beigeordneten Geier und des Fachbereichsleiters Dr. Furchert habe vertrauen dürfen und vertraut habe. …”

“… Aufgrund der Vorbildung des Klägers hätte sich ihm auch bei anscheinend objektiver Falschberatung (des Rechtsanwalts) die Rechts- und Pflichtwidrigkeit seines Handelns sogar aufdrängen müssen. …”

“… Die (Vor-) Prüfung durch Mitarbeiter entbindet den Kläger nicht von der eigenständigen Prüfung ihm bekannter Vorschriften (§ 36 Abs. 1 BeamtStG). Wenn der Kläger vor Abschluss der Grundstückskaufverträge … im Hinblick auf wesentliche Einzelheiten …. nicht weiter nachfragt und die Rechtmäßigkeit nicht eigenständig prüft, trägt er auch das Risiko einer fehlerhaften rechtlichen Bewertung durch die mit der Sache befassten Mitarbeiter. …”

Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts sind lehrreich. Gleichwohl lösen sie ein Störgefühl aus: Demnach bin ich für alles verantwortlich, was in einer 2600 Mitarbeiter umfassenden Stadtverwaltung  entschieden wird. Ich muss Detailkenntnisse in allen Rechtsgebieten besitzen und darf keine Aufgaben auf leitende Mitarbeiter übertragen. Und ich habe die Pflicht, alle möglichen in der Stadtverwaltung anfallenden Entscheidungen im Hinblick auf eine mögliche Zuständigkeit des Stadtrates selbst zu prüfen.

Dazu darf ich feststellen: Das ist tatsächlich nicht leistbar – und ich arbeite gern und viel.

Den Weg zu den Verfassungsgerichten halte ich mir offen.

Hintergrund:

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 20. April 2021 wurde meine Klage gegen die Disziplinarverfügung des Landesverwaltungsamtes vom 25. März 2019 abgewiesen. Die Zulassung der Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht wurde beantragt. 

Hier geht es zu dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 13.07.2021.

Oberverwaltungsgericht lehnt am 13. Juli 2021 den Antrag auf Zulassung der Berufung ab