Vor drei Jahren hat sich der Aufsichtsrat der Theater, Oper und Orchester GmbH Halle (TOOH) mit Florian Lutz für einen jungen Intendanten entschieden, der die Oper Halle modernisieren und neue Zielgruppen gewinnen sollte.

Nach nur drei Jahren gibt es dafür im Aufsichtsrat keine Mehrheit mehr. Das ist zu akzeptieren.

In den vergangenen drei Jahren wurden Intendanz und Oper Halle mit einer Vielzahl von Preisen ausgezeichnet, die Oper Halle ist in der Stadt und bundesweit im Gespräch. Opern-Intendant Florian Lutz steht im Mittelpunkt der TOOH. 

Im Rückblick wurden Fehler gemacht: in der Auswahl der Stücke, im Umgang mit Mitarbeitern und auch im Umgang mit Medien. Fehler, aus denen der 40-Jährige Lutz lernen will. Fehler, die in der ersten Intendanz seiner Laufbahn verzeihlich sind.

Die Reaktionen auf seine neuen Ideen jedoch waren gnadenlos: Konflikte wurden zugespitzt, falsche Tatsachen verbreitet, Buh-Rufe organisiert – das volle Programm, wenn es darum geht, Unfrieden zu stiften.

Dabei diskutiert die Stadtgesellschaft seitdem leidenschaftlich über ihre Oper. An der Kunsthochschule, einem neuen Projektpartner der Oper, in den Kneipen, in den Medien. 

Vor einigen Tagen schrieb mir Opern-Intendant Florian Lutz:

„Für die nächsten Jahre schwebt mir eine Arbeit von Oper und Ballett in Halle vor, welche die künstlerische Qualität und Relevanz, das Innovationspotential und die kontinuierliche fachliche Anerkennung der letzten Jahre mit einem deutlich größeren Erfolg bei einem breiten Publikum und weiteren Teilen der halleschen Stadtgesellschaft verbindet. Viele der künstlerischen Impulse und kulturpolitischen Akzente, die zu einem positiven Aufbruch beigetragen haben, sollen fortgeführt werden und andererseits sollen Spielplanentscheidungen, die sich in der Vergangenheit bei Publikum und Mitarbeitern nicht bewährt haben, überdacht und revidiert werden, sodass die Oper Halle in den nächsten Jahren noch stärker zu einer Kulturinstitution in der Mitte der Stadtgesellschaft wird, die von den unterschiedlichsten Zielgruppen und Gesellschaftsschichten als zentraler und identitätsstiftender Kulturort in Halle angesehen und regelmäßig besucht wird.“

Ein aus meiner Sicht guter Kompromiss zeichnet sich ab. Zwei Jahre hat Opern-Intendant Florian Lutz nun noch Zeit, diese Ziele umzusetzen. 

Dabei werde ich ihn tatkräftig unterstützen. Wie jede Person, die mit guten Ideen unsere Stadt weiterentwickeln möchte. Und ich werde es – frei nach Elie Wiesel – weiterhin nicht versäumen, auch in Zeiten, in denen man gegen Ungerechtigkeiten machtlos ist, dagegen zu protestieren. Und weiter nach Lösungen zu suchen. So wie in diesem Vorgang.

Kulturredakteur Christian Eger bringt es in seinem Kommentar in der heutigen Mitteldeutschen Zeitung auf den Punkt:

Meinung / KOMMENTAR

Wegen Erfolges entlassen

Es hat nicht Zoom! gemacht. Jedenfalls nicht bei der Mehrheit des Aufsichtsrates der Bühnen Halle. Noch zwei Jahre läuft der Vertrag für Florian Lutz, dann ist Schluss. Dem 2016 zur Auffrischung der halleschen Oper gerufenen Intendanten wird eine zweite Amtszeit verweigert.

Diese Nachricht ist eine Katastrophe. Und das nicht nur für die Freunde der Lutz-Oper, sondern für die Bühnen Halle, die Stadtgesellschaft und den Kulturort Halle insgesamt. Statt mit Lutz die TOOH zu erneuern, setzt man ihn vor die Tür. Die Stadtgesellschaft blieb außen vor; bis auf die Grünen und den Oberbürgermeister reagierte die Politik verschnupft, sobald die Öffentlichkeit auf den Plan trat. Man wollte alles „intern“ bereden. Wird Lutz 2021 etwa nur „intern“ gehen?

Das Aufsichtsrats-Nadelöhr ist eine weitere späte Rache des GmbH-Modells. Und die Kulturstadt Halle? Sie kann einem Intendanten nicht den künstlerischen Schutzraum bieten, den er für seine Arbeit braucht. Er wird wegen Erfolges bei den Unter-60-Jährigen entlassen.

Dass Florian Lutz gehen muss, ist bitter. Man hätte ihm nur einmal eine Spielzeit ohne äußeren Stress gewünscht. Einmal ein bisschen Frieden. Es sollte nicht sein. Immerhin: Er geht unbeschädigt. Seine künstlerische Bilanz ist erstklassig.

Den Autor erreichen Sie unter: ›› christian.eger@mz-web.de

TOOH: Vertrag des Opern-Intendanten endet in zwei Jahren
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