Spannende Interviews mit dem Präsidenten unseres Halleschen FC, Dr. Michael Schädlich, und RB-Leipzig-Vorstandschef Oliver Mintzlaff, gelesen in der Mitteldeutschen Zeitung am 25.02.2017, auf S. 19 und auf S. 21. Kurz vor dem Spiel Halle gegen Großaspach. Halle liegt auf Platz 4 der Tabelle, seit Wochen aussichtsreich im Rennen um einen Aufstiegsplatz. Mit allen Chancen. Beide Fußball-Bosse sprechen nahezu über identische Themen, doch irgendwie ganz anders …

Zum sportlichen Erfolg

Mintzlaff: “Sportlicher Erfolg kann nie schnell genug kommen. Wenn man Leistungssport betreibt, will man gewinnen. Dann kann man nicht sagen, dass wir lieber noch zwei Jahre warten würden, um alle Strukturen anzupassen. Der Sport gibt immer das Tempo und die Richtung vor. Wir müssen schauen, dass wir die internen Strukturen im Verein so weiterentwickeln, um dem folgen zu können. Ich finde es toll, dass wir uns schneller als geplant entwickeln, weil das eine gewisse Dynamik in allen Bereichen des Klubs mit sich bringt. Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter ist wie ein Unternehmer gefordert, Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen.”

Schädlich: Die Gedanken an einen Angriff auf die Tabellenspitze, eine möglichst baldige Zweitliga-Zukunft, hätten zu Problemen geführt. Auch wenn die Stimmen nicht etwa aus der Mannschaft kamen. Vielmehr aus dem Umfeld. “Ich habe den Eindruck, dass das Team aufgrund der Erwartungshaltung mancher verkrampft hat.” Das Potential der Mannschaft sei da.

Zum Selbstwertgefühl des Vereins

Mintzlaff: “Neue Dinge werden in unserer konservativen Gesellschaft, die wir in Deutschland nun einmal haben, oftmals zunächst kritisch beäugt. Gerade im Fußball, wo ja nahezu jeder mitreden möchte und alles besser weiß. (…) Jeder beschäftigt sich mit uns. Wenn dann noch attraktiver Fußball mit einer klaren und langfristigen Philosophie dazukommt, sind wir eine absolute Bereicherung, wie auch diverse unabhängige Umfrageergebnisse zeigen. RB Leipzig ist attraktiv für die Bundesliga.”

Schädlich: “Wir haben 48 Punkte als Ziel ausgegeben. Da fehlen noch 13. Wir müssen uns jetzt konzentrieren, dieses Ziel schnellstmöglich zu erreichen.” Und für den Moment nicht von Höherem träumen oder sich zu sehr mit dem Gegner beschäftigen. (…) “Man darf immer von den Sternen träumen, aber dafür braucht man auch entsprechende Raketen.”

Zur Zukunft

Mintzlaff: “Ralf Rangnick ist Visionär. (…) Er beschäftigt sich natürlich schon jetzt mit dem RB Leipzig der Zukunft und wie das Team in der nächsten Saison möglicherweise aussehen könnte.  (…) Wenn wir international spielen sollten, hätten wir andere Bedürfnisse und Budgets als wenn wir nur in zwei Wettbewerben starten würden.”

Schädlich: Das aktuelle Team genießt “vollstes Vertrauen”. Zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison stand der Hallesche FC auf dem zwölften Tabellenplatz, hatte sechs Zähler weniger auf dem Konto. “Die Mannschaft versucht, jede Woche an ihr Limit zugehen. Sie hat sich ihre aktuelle Platzierung hart erarbeitet. (…) Die Mannschaft kann zu großen Teilen so zusammenbleiben. Jedes Spiel ist also auch eine weitere Einstimmung, um noch besser zusammenzuwachsen.” Mittelfristig soll er ja gelingen, der Aufstieg in die zweite Liga.

Man mag dagegenhalten, dass sich Halle nicht mit Leipzig vergleichen kann. Das stimmt. Vergleichen lässt sich aber die Einstellung, mit der jeder Verein, ganz gleich ob Kreisklasse oder Bundesliga, sportliche Erfolge erzielen möchte. In der Wirtschaft ist das ähnlich. Ohne Optimismus und Selbstvertrauen kann kein Unternehmen auskommen. Ohne klare Ziele und ein überzeugendes Konzept lassen sich keine neuen Großsponsoren finden.

Halle hat am gestrigen Samstag gegen SG Sonnenhof Großaspach mit 0:1 verloren, im eigenen Stadion, bei nur 5526 Zuschauern. Trotz drückender Überlegenheit und bester Chancen für den HFC, nach dem Gegentor in der 2. Halbzeit befindet sich das Team im Schockzustand, Ideen fehlen. Auch ein Torjäger. In den Zuschauerreihen wird in den letzten Minuten des Spiels eine Frage diskutiert: Will der HFC überhaupt aufsteigen? Diese Frage hat sich bereits in der Winterpause gestellt, als bekannt wurde, dass kein neuer Stürmer verpflichtet wird. Es scheint, alle haben sich gut in der 3. Liga eingerichtet. Das HFC-Präsidium agiert derzeit ohne Mut und Selbstvertrauen, anders als die Stadt Halle. Seit einem Jahr fordern Großsponsoren ein Marketingkonzept vom HFC. Das Thema konnte in Aufsichtsgremien von Wirtschaftsunternehmen bis heute nicht behandelt werden, da der HFC-Verwaltungsrat die vorgelegte Broschüre “Marketingkonzept“ wegen Mängeln im Februar 2017 nicht bestätigt hat. Das Präsidium tritt in dieser Frage seit einem Jahr auf der Stelle. Die Forderungen nach einer Strategie zur Gewinnung weiterer Sponsoren, einem Familienstadion zur Erhöhung der Zuschauerzahlen, zur Verbesserung der Transparenz, zur Stärkung der Präsenz in der Stadt Halle und der Region sind nicht erfüllt. Nur dieser Maßnahmenmix kann zu den notwendigen Mehreinnahmen führen, die einen Aufstieg in die 2. Bundesliga fördern.

Ich werde mich weiter dafür einsetzen, dass der HFC so schnell wie möglich die strukturellen und professionellen Weichen stellt, denn “sportlicher Erfolg kann nie schnell genug kommen.”

Hintergrund:

25.3.2017 MDR Fernsehen: Schneckenrennen um den Aufstieg

Trainer Rico Schmitt zur Unruhe im Umfeld, Pressekonferenz des HFC vor dem Auswärtsspiel gegen Münster am 4.3.2017

Unser HFC: Sportlicher Erfolg kann nie schnell genug kommen